Kreditschulden, Gesundheit angeschlagen, mehr als zwei Jahre maximaler Einsatz. All das hatte ich gezahlt, lange bevor sich vermeintlicher Erfolg eingestellt hat.

Was ist Erfolg?

Erfolg ist dieser abstrakte Begriff, der uns alle durch unser Leben begleitet. Ob es der berufliche „Erfolg“ im Zentrum des eigenen Lebens ist, die „erfolgreiche“ Beziehung mit dem Partner oder die „Erfolge“ der eigenen Kinder. Überall finden wir das Konzept, Erfolg als messbare Größe darzustellen. Wikipedia definiert Erfolg mit dem schönen Satz: „Um Erfolg (gelegentlich auch als Durchbruch bezeichnet) handelt es sich, wenn jemand oder mehrere gemeinsam die gesetzten Ziele erreichen.“

In meinem Alltag beobachte ich eine andere, lebenspraktischere Definition von Erfolg: Menschen sind erfolgreich, wenn sie die Ziele erreichen, die andere für richtig und erstrebenswert halten. Nach dieser Definition ist Erfolg vorrangig durch die Perspektive der beobachtenden, der bewertenden Person, bestimmt.

Manchmal sind die Ziele auch weniger subjektiv, sondern viel mehr gesellschaftlich geprägt. Eine Gehaltserhöhung wird in der Regel als Erfolg bewertet, der Schritt zur Teilzeit seltener. Ein gutes Abitur wird in der Regel als Erfolg bewertet, die Ausbildung im Handwerk seltener. Der Besitz eines schönen Autos suggeriert Erfolg, das regelmäßige Fahrradfahren nicht.

Alle diese Beispiele, von denen es unzählige gibt, haben eine Gemeinsamkeit: Sie implizieren eine Wertehierarchie der Güter unseres Lebens. Geld ist wichtiger als Zeit, Anerkennung ist wichtiger als Erfüllung, persönliche Freiheit ist wichtiger als das Allgemeinwohl.

Im April dieses Jahres hatte ich das Privileg, eine Keynote von Deepak Chopra zu erleben. Dabei ging es unter anderem um die Frage, was eigentlich Erfolg ausmacht. Seine Antwort auf diese Frage ist kurz:

„Joy is the only true measure of success.“

Frei übersetzt: „Freude ist die einzig wahre Messgröße für Erfolg“. Das hat mit mir resoniert und arbeitet seither in mir.

Was kostet Erfolg?

Es gibt unverhandelbare Grundgesetze. Eines davon ist: Alles hat seinen Preis – nichts ist kostenfrei. So ist es auch mit dem Erfolg.

Um Space auf einen siebenstelligen Jahresumsatz zu bringen, bin ich über meine Grenzen gegangen: 50–60 Stunden pro Woche in vier Tagen, weit über 100 Familienabende gegen Geschäftsessen getauscht, Gehalt und Ausschüttungen zugunsten der Liquiditätsreichweite (Runway) ausgesetzt, privates Kapital plus Kredit investiert. Und dafür Schlafprobleme und chronischen Hypocortisolismus gewonnen.

In der holistischen Betrachtung stehen jedem menschlichen Aufwand Kosten gegenüber. Das können ganz allgemeingültige Kosten wie Geld, Zeit, Headspace oder Kraft sein, das können aber auch sehr spezifische und persönliche Kosten wie die Beziehung zu einem Menschen oder der Verlust einer geliebten Sache sein.

Ich stelle bei mir selbst fest, dass ich oftmals zu wenig auf die tatsächlichen akkumulierten Kosten geschaut habe und viel zu oft auf das Ergebnis, welches ich versuchte, durch die Kosten zu erwerben.

Investition als Metapher

Und mit dieser Erkenntnis wurde mir klar: Die Kosten, die wir im Leben investieren, sind so gut wie immer vorfällig. Das haben Investitionen der Definition nach an sich. Konkret bedeutet das, ich bezahle den Preis zuerst.

Möchte ich den beruflichen Erfolg, dann darf ich die Zeit und den Stress vorab investieren. Möchte ich das erfolgreiche Unternehmen skalieren, dann darf ich Zeit und Stress vorab investieren. Die Folgeschäden dieser Kosten, entstehen oft schon bevor sich der Erfolg einstellt, wenn er es denn tut.

Die eigene Gesundheit, die Beziehungen zu Freunden, Familie oder dem Partner, die eigene Freizeit. Das sind typischerweise die Bereiche, in denen sich die Schäden dieser Kosten manifestieren.

Investitionen bringen neben der Vorfälligkeit noch eine weitere Tatsache mit sich: das Risiko. Eine Investition ist immer mit dem Risiko behaftet, dass das gewünschte Ergebnis nur teilweise oder gar überhaupt nicht erreicht wird. Dieses Risiko steht der Rendite direkt gegenüber und ist eine unverhandelbare Gleichung.

Konkret bedeutet das: Ich zahle den Preis für den Erfolg, bevor sich der Erfolg manifestiert. Und sollte sich der Erfolg wider Erwarten nicht manifestieren, dann ist der Preis trotzdem schon bezahlt.

Was bleibt bei Misserfolg?

Nun hat sich nach zweieinhalb Jahren des Kämpfens in der Space mein angestrebter Erfolg nicht manifestiert. Im Gegenteil: Die Firma gibt es nicht mehr. Übrig bleiben meine angeschlagene Gesundheit und die Schulden aus der privaten Investition. Diese und andere Kosten habe ich schließlich bereits getätigt.

Ich bereue nicht, diesen Weg gegangen zu sein. Ich habe unglaublich viel gelernt, mein Netzwerk und mein Horizont sind immens gewachsen. Gleichzeitig sehe ich in der Rückschau, dass Preis und Outcome nicht zusammenpassen.

Vor allem habe ich für mich verstanden, dass die Kosten unseres Erfolges immer zu zahlen sind, ganz unabhängig davon, ob sich der gewünschte Erfolg einstellt, oder nicht.

Meine neue Realität

Aus dieser Erkenntnis sind eine Lebenshaltung und eine Handlungsmaxime entstanden, mit denen ich seither täglich über mein Streben reflektiere:

„Der Weg darf Freude bereiten, denn das Ziel ist ungewiss.“

Konkret bedeutet das für mich, dass ich nicht mehr bereit bin, meine Gesundheit und Familienzeit in die Erreichung meiner beruflichen und privaten Erfolge zu investieren. Vielmehr deute ich das gesamte Konstrukt von Erfolg und Zielerreichung um. Ich glaube fest daran, dass Freude die essenzielle Messgröße des Erfolges ist.

Ich möchte nicht mehr im Vertrieb gegen einen rezessiven Markt hustlen, ich möchte nicht mehr den ghostenden Leads hinterherlaufen, ich möchte keine Cold Calls mehr machen. Nichts davon hat mir Freude gebracht.

Stattdessen werde ich meine Energie auf die Dinge konzentrieren, die mit Leichtigkeit aus mir fließen. Diese Zeilen zu schreiben zum Beispiel. Und damit andere Menschen zu inspirieren. Sei es durch das Schreiben, durch Keynotes oder durch Coaching und Beratung.

In den vergangenen sechs Monaten hatte ich mit einer einfachen Praxis in meinem Bullet Journal begonnen. Jeden Abend stelle ich mir zwei Fragen: „Wofür bin ich heute dankbar?“ und „Was habe ich heute gelernt?“. Das hat mir dabei geholfen, meinen grundsätzlichen mentalen Fokus auf das Lernen und die Dankbarkeit zu lenken. Gerade in den wirklich stressigen Phasen war das einer meiner Anker.

Künftig werde ich diese Fragen gegen zwei neue austauschen. Ganz im Sinne meiner neuen Handlungsmaxime: „Was hat mir heute große Freude bereitet?“ und „Was hat mir Energie geraubt?“. Ich bin gespannt, was sich in den kommenden Monaten entwickeln wird, wenn ich meinen täglichen mentalen Fokus auf die Freude und die Energie richte.

Indem ich so meine Energie auf die Leichtigkeit im Flow konzentriere, wird mein Erfolg zur unvermeidlichen Folge eines freudigen Alltags.

Stay Mindful
Jakob 🙏

Signatur von Jakob Holderbaum